U61 und der Tanz auf den Rappids

 

Eine abenteuerliche Reise mit dem Kanu vom Oberlauf des Ross River’s nach Pelly Crossing im Yukon Territory, Kanada.

 

Meine letzte Kanutour im Yukon liegt schon einige Jahre zurück. Doch der Ruf der Wildnis wird in letzter Zeit immer Größer. Kein schlechter Grund um eine Kanutour zu organisieren. Schnell finden sich zwei Teams doch ein geeigneter Fluss muss noch her. Durch Recherche im Internet komme ich auf den Pelly River. Im Vergleich zum Yukon wird der Pelly wenig befahren, führt durch unberührte, wildreiche Natur und ist technisch nicht schwierig. Genau das was ich will. Zum perfekten Kanadaurlaub gehört auch ein Flug mit dem Wasser-flugzeug. Also hole ich bei Alpine Aviation den Preis für den Transport zur Einsatzstelle ein. Anders als erwartet empfiehlt uns Gerd unser Pilot einen Trip auf dem Ross River, beginnend ab den Itsi Lakes. Itsi Lakes, kennt die jemand? Eine Suche im Internet ist sehr bescheiden.. Der Ross River mündet bei dem gleichnamigen Indianerdorf Ross River in den Pelly River. Da von unserer Seite nichts dagegen spricht entscheiden wir uns für die Fahrt von den Itsi Lakes nach Pelly Crosssing.

 

„Da bin ich  wieder“ denke ich, als ich nach unserer Ankunft in Whitehorse meine Hände in den Yukon halte. Irgendwie hat dieser Fluß etwas Besonderes. Bei strahlendem Sonnenschein erledigen wir ein paar Besorgungen. Am nächsten Morgen holt uns Gerd vom Hotel ab. Irgendwie ist er wohl nicht so von der Menge unseres Gepäcks begeistert. Wir benötigen die gesamte Länge des Schwatka Lakes zum Starten. Die an der Außenseite der Beaver befestigten Kanus machen das fliegen nicht gerade einfacher. Vor so manchen Berg müssen wir abdrehen und in einer Schleife versucht Gerd das Flugzeug höher zu schrauben.

Was auch gelingt. Nach 2 Stunden endet dieser Konturenflug mit einer sanften Landung auf dem Itsi Lake. Nachdem wir alles in den Kanus verstaut haben suchen wir paddelnd eine geeignete Stelle für unser erstes Lager. Hier herrscht die totale Stille. Der See ist komplett von Fichten eingesäumt. Die gleich dahinter aufragende Berge der Itsi Range sind teilweise noch mit schneebedeckt. Der Loon (Taucher) singt sein Lied, die Sonne strahlt uns ins Gesicht, wir sind hier ganz alleine. Eine atemberaubende Atmosphäre umgibt uns. Am hintersten Ende finden wir eine steinige Stelle zum campen. Im klaren Wasser sehen wir viele Fische.

Am nächsten morgen hüllen Dunstschleier den See ein. Mit zunehmendem Sonnenstand verschwinden sie langsam. Leider finden wir keine Möglichkeit um an die Berge zu gelangen. Dichtes Unterholz macht eine Annäherung sehr schwierig. Gerne währen wir hier einige Tage geblieben und hätten einen dieser Berge bestiegen. Nur kleine Hügel können erklommen werden. Von hier haben wir eine herrliche Sicht auf den See und die Berge. So wie es aussieht ist unser Platz der Einzige zum Campen gewesen. Erst am Auslauf des John Lakes finden wir auf der rechten Seite eine sehr gute Stelle für das 2. Lager. Leider finden sich hier Spuren von anderen. Eigentlich sollte sich jeder Reisende an das No Trace Camping halten. Nur so hat man auch das Gefühl das hier noch niemand war. Immer wieder werden wir auf dieser Reise den Müll und die Reste von Lagerfeuern der Anderen und unsere Eigenen entfernen. 

Die ersten 30 Kilometer auf dem Ross River sind sehr anspruchsvoll. Eine Stromschnelle folgt der nächsten. Die meisten der Schnellen sind nicht wirklich schwierig. Doch wenn man bedenkt, was passiert wenn man in dieser Abgeschiedenheit mit dem voll beladenen Kanu kentert, ergibt es sich von selbst daß man das Risiko möglichst gering hält. Bei uns zu Hause hätten wir sie wahrscheinlich alle durchfahren. Die Natur verzeiht aber keine Fehler. So wird dieser erste Teil für mich sehr anstrengend. Alle 300 bis 500m müssen wir anhalten. Ich muß aussteigen und die Stromschnelle vor uns erkunden. Nachdem ich einen geeigneten Weg gefunden habe fahren wir durch. Anschließend dürfen wir unser Kanu leer schöpfen. Beim nächsten Mal werde ich unbedingt eine Spritzdecke mitnehmen. Daran hatte ich leider nicht gedacht. Da sehr viel Steine im Fluß liegen entscheide ich mich auch sehr oft zum treideln. Aber auch bei dieser Art eine Schnelle zu umgehen muß man vorsichtig sein. Die Seile sollten nur zur Kurskorrektur verwendet werden. Das Kanu sucht sich schon den gewünschten Weg. Ein fixiertes Seil führt auch hier sofort zur Kenterung des Kanus. In den kurzen Abschnitten mit ruhigem Wasser können wir die wunderschöne Landschaft genießen.  Auch das Wetter zeigt sich von seiner besten Seite. Da wir alle naß sind, sind wir darüber natürlich sehr erfreut. Am Ende des Tages taufe ich unser Kanu auf den Namen U61. 61 ist die Nummer des Kanus. U leite ich von U-Boot ab, da es sehr häufig abtauchen wollte und wir dadurch sehr viel Arbeit mit dem Ausschöpfen hatten. Wir lagern auf einer Sandbank mitten im Fluß. Schnell ist mit dem reichlich vorhandenen Treibholz ein Lagerfeuer entfacht. Dank Travellunch dauert es nicht lange, bis das Essen fertig ist. Einfach kochendes Wasser in die Tüte geben und 5 Minuten warten. Bei mir gibt es Spaghetti Carbonara und zum Nachtisch Mousso Chocolat. Nach dem Frühstück besuchen uns 2 Karibus. Beide verschwinden aber sofort wieder im Wald als sie uns entdecken.

Ross River was für ein Spaß. Gleich nach unserem Lagerplatz beginnt der Tag wie der vorherige. Yippie Ya Yeah, Stromschnellen! Unsere 1. Portage steht bevor. An einer gekennzeichneten Stelle legen wir an. Eine Steilhang schleppen wir alle Ausrüstung und die beiden Kanus hoch. Anschließend tragen wir alles ungefähr 800m durch das nasse Unterholz zur Einstiegstelle am Ende der Rappids. Fünfmal laufen wir den Weg. Nach 2 Stunden ist alles wieder im Wasser. Ich bin tropfnaß und dampfe, das lockt die Moskitos in großen Schwärmen an. Nichts wie weg von hier. Heute regnet es ab und zu. Viele Fichten hängen vom Ufer ins Wasser. Optisch schaut das ganze richtig wild aus. Vom Kanu aus sehen wir immer wieder Weißkopfseeadler und Biber. Nach unserer Portage gibt es keine nennenswerten Stromschnellen mehr. Trotzdem erfordert die Strecke ständige Aufmerksamkeit. Nicht nur große Steine, auch sehr viel Bäume liegen im Wasser. Sehr langsam nähern wir uns dem Mount Sheldon. Zu seinem Fuße liegt der Lake Sheldon. Unser Tagesziel. Direkt an der Einmündung des Flusses in den See errichten wir unser Lager auf einer großen Sandbank. Da es zu regen aufgehört hat können wir unsere Klamotten zum trocknen aufhängen.

Am Morgen hören wir zum ersten mal wieder Zivilisationsgeräusche. Zwei Einheimische Jäger kommen mit dem Motorboot bei uns vorbei. Sie fragen uns nach Elchen. Leider haben wir auch noch keine gesehen. Vielleicht wissen die Tiere ja, daß die Jagdsaison wieder begonnen hat. Nach dem Abbau unseres Lagers und verwischen unserer Spuren durchqueren wir den Sheldon Lake, Field Lake und den Lewis Lake. Wieder haben wir viel Glück. Erst am Ende des Lewis Lake kommt Gegenwind auf. Von Links fließt der Prevoust River in den Ross. Auf den Karten ist eine Campmöglichkeit eingezeichnet. Wir begutachten die Stelle. Können aber nichts entdecken. Dieser Platz ist eher ungeeignet zu campen. Kurz danach kommt jedoch eine Insel. Auf der linken Seite dieser Insel befindet sich einer der besten Plätze für ein Lager. Unter großen Fichten errichten wir unser Camp für die Nacht. Auch wenn es viel regnet und alles Holz Naß ist findet man am unteren Stamm der Fichten immer trockenes Reisig. Das eignet sich hervorragend zum Feuermachen. Die kleine bewaldetet Insel lädt zum Erforschen ein. Das Innere der Insel ist nur spärlich bewachsen. So kommt man einfach vorwärts und Moskitos gibt es auch nicht so viele. Ich entdecke frische Bärenspuren. Heute grillen wir auch unsere Socken, Schuhe, Hosen und Jacken. Leider vertragen nicht alle Klamotten die hohe Temperatur des Feuers. Als wir später im Zelt liegen beginnt es wieder zu regen.

Laut Flußbeschreibung müßten gleich zu Beginn unserer Weiterfahrt zwei Rappids kommen. Nur die Erste ist erwähnenswert. Lustig ist es wie Sepp, der ja alleine im Kanu sitzt, über die großen Steine rutscht. Er braucht nur das Gleichgewicht zuhalten, sonst wird er naß. Am Beginn des Prevoust Canyon erkunde ich den Portage Trail. Als ich ihn nach einiger Zeit finde bin ich nicht gerade erfreut über das was ich sehe. Der Trail ist total morastig. Ohne Gepäck steck ich teilweise 30 cm tief im Morast. Für die 500 m brauche ich 1 Stunde. Total erschöpft komme ich zu den anderen zurück. Nach einer Verschnaufpause erkläre ich ihnen meine Taktik. Wir fahren in Canyon hinein und legen nach den ersten Schnellen am rechten Ufer an. Nun treideln wir die Kanus bis zu einer mit Treibholz versperrten Stelle. Ein Kanu nach dem anderen transportieren wir über das etwa 5m hohe Hindernis. Einfach alles auspacken, alles über die Bäume wuchten und wieder einpacken. Den restlichen Teil können wir wieder Gefahrlos durchpaddeln. 15 Kilometer weiter folgen die Skooum Rappids. Wieder erkunde ich den Weg. Ein Portage hier wäre sehr Anstrengend. Nach einem Waldbrand liegen hier Kreuz und Quer Bäume. Die Skooum Rappids bestehen aus 3 Abschnitten. An den ersten beiden mogeln wir uns treidelnd vom Ufer aus  vorbei. Den letzten Abschnitt befahren wir. Nach dieser nur etwa 100m langen Stelle ist U61 randvoll mit Wasser gefüllt. Zum Glück sind es nur noch wenige Meter bis zu unserem Lager am Otter Creek. Die Mündung des Otter Creeks ist ein weiterer Spitzenplatz zum Campen. Hier werden wir einen Ruhetag einlegen. Im eiskalten, klaren Wasser des Creeks findet die Körperpflege statt. Roland schwimmt mit Tauchermaske und Schnorchel einige Meter. Anschließend fischt er Äschen aus dem Fluß.

Ruhetag am Otter Creek. Was macht man an einem Ruhetag? Bestimmt nicht ruhen wenn man Jürgen Voigt heißt. Vormittags erkunde ich ein bißchen den Otter Creek. Dabei entdecke ich ein Gerippe. Vielleicht ist es von einem Elch. Nach dem Essen wandern wir zu einem nahegelegenen See den ich auf meiner Karte entdeckt habe. Der Weg dorthin ist nicht einfach. Es ist ein großer See. Roland versucht sein Anglerglück. Nur einige Hechte attackieren den Blinker. Am hinteren Ende befindet sich ein großer Biberbau. Nach der Umrundung des Sees kehren wir zum Lager zurück. Kurz davor entdecken wir frische Bärenspuren. Sie führen genau zum Camp. Ich gebe Gas und hoffe daß im Camp alles Ok ist. Offensichtlich hat er 50m vor unserem Lager die Richtung gewechselt und ist um das Lager herum zum Otter Creek marschiert. Auf der gegenüberliegenden Seite verschwinden seine Spuren im Unterholz. Es gibt hier überall sehr viele Tiere. Leider ist es uns nicht vergönnt etwas zu sehen. Das ist sehr schade.

Der nächste Tag ist für mich der 1. Paddeltag ohne Streß. Einfach nur paddeln. Unterwegs haben wir auf einer Insel Pause gemacht und einige Adler gesehen. Plötzlich sehen wir wie am linken Ufer Wölfe ins Unterholz verschwinden. Kaum 200 Meter weiter steht eine Elchkuh mit ihrem Kalb im Wasser. Wir kommen ziemlich nah an beide heran. Vermutlich haben es die Wölfe auf das Kalb abgesehen. Die Elche wechseln auf die andere Seite des Ufers über, wo auch sie im Unterholz verschwinden. Wir legen am linken Ufer an und pirschen uns zu den Wölfen. Leider sind wir dabei viel zu laut. Auch heulen half nichts. Zum Ende dieses Tages machen wir ein großes Lagefeuer. Holz haben wir ja reichlich. Jetzt fehlt eigentlich nur noch ein Bier.

Am nächsten Tag finden wir auf unserem Weg einige tote Lachse am Ufer. Das bedeutet daß die diesjährige Lachssaison schon vorbei ist. Gerne hätten wir einen geangelt. Heute ist ein sonniger Tag. Kurz sehe ich noch wie ein Wolf die kleine Böschung am rechten Ufer hoch läuft. Sofort legen wir am Ufer an und verhalten uns still. Zu unserem Glück hat er uns nicht bemerkt. Einige Meter weiter kommt er wieder aus dem Unterholz zurück und läuft am Ufer stromabwärts. Nachdem ich einige Fotos gemacht habe, machte ich ihn auf uns aufmerksam. Als Dank dafür blickte er mir direkt in die Kamera. Etwas später entdecke ich hinter einer Flußbiegung den ersten Bären dieser Reise. Das Weibchen mit ihren Jungen verschwindet jedoch sofort als es uns wahr nimmt. Wir hören sie durch das Unterholz flüchten. Dabei scheuchen sie einige Enten aus einem nahegelegenen See auf. Wie auch schon bei unserer Yukon River Tour ist es zwischen 18 und 20 Uhr bei niedrigstehender Sonne am Schönsten auf dem Fluß. Da macht das Paddeln so richtig Spaß. Heute haben wir in 7 Stunden 50Kilometer zurückgelegt.

Am nächsten Morgen herrschte eine gedämpfte Stimmung. Nach einer unruhigen Nacht habe ich einige Verhaltensregeln was das Verhalten im Zelt betrifft aufgestellt. Da wir dadurch schon sehr früh aufgestanden sind kommen wir auch früh weiter. Die Laune wird wieder besser und so können wir die letzten Kilometer auf dem Ross River genießen.

Die Rappids am Ende des Flusses sind sehr einfach zu durchfahren. Kurz nach der Einmündung in den Pelly River legen wir am linken Ufer an. Wir haben das Indianerdorf Ross River erreicht. Leider ist heute Sonntag. Alle Läden haben geschlossen. Jedoch können Roland und ich in einer Bar ein Sixpack Budweiser kaufen. Da wir weder Kleingeld noch eine Telefonkarte haben können wir auch nicht nach Hause telefonieren. Was nach dieser langen Zeit schon langsam wichtig wäre. Schließlich machen sich ja unsere Mädels zu Hause sorgen. Wir fahren weiter. Die niedrigstehende Sonne zaubert eine tolle Stimmung. Die Hoodoos ( - Skulpturen die durch Wind und Wasser aus dem weichen Gestein des Ufers gebildet wurden) wirken dadurch um so mehr. Wir lassen uns treiben. Am Ufer sitz ein Luchs. Auch er genießt diese Stimmung und läßt sich von uns nicht aus der Ruhe bringen. Erst als wir auf seine Höhe sind geht er einige Meter die Böschung hoch.

Kurze Zeit später nimmt der Wind plötzlich zu. Starke Böen machen das vorauskommen vor allen für Sepp sehr schwer. Wir nehmen ihn in Schlepp. Gemeinsam erreichen wir einen geschützten Lagerplatz am Lapie River. Nach der kurzen letzten Nacht und unserer heutigen 64km langen Strecke bin ich sehr müde.

Roland nutz die Möglichkeit zum fischen. Es dauert nicht lange bis er genügend Äschen gefangen hat. Unser Ziel heute ist Faro. Der Weg dorthin ist aber „steinig“. Wir haben fast ständig starken Gegenwind. Ich versuche möglichst immer eine Deckung zu finden. Kreuz und Quer paddeln wir stromabwärts. Besonders schwer hat es dabei natürlich Sepp als Solopaddler. Das gehört halt zu einem Abenteuer dazu. Gegen 18 Uhr erreichen wir trotz aller Widrigkeiten Faro. Ich und Sepp gehen die 3 Kilometer in das Dorf. Wie zu erwarten haben bereits alle Läden geschlossen. Wir finden einige Telefone. Leider können wir sie, aus den gleichen Gründen wie in Ross River nicht benutzten. Ebenso wäre es auch noch zu früh, da es in Deutschland noch mitten in der Nacht ist. In einer Kneipe trinken wir beide erst einmal ein Bier. Später versuchen wir zu telefonieren. Irgendwie klappt es auch trotz Kreditkarte nicht. An der Bar frage ich nach einer Telefonkarte. Super er halt welche. Telus prepaid phone card heißt das gute Stück. Für 10 Can$ kann man damit 2 Stunden nach Hause telefonieren. Um 6 Uhr früh wecke ich meine Frau in Deutschland auf. Bereits nach dem ersten läuten hebt sie schon ab. Nach 30 Minuten lasse ich auch Sepp telefonieren. In der Zwischenzeit laufe ich zum Fluß zurück. So hat auch Roland noch die Möglichkeit mit seiner Frau zu telefonieren. Während die Jungs weg sind errichte ich unser Lager auf einer vorgelagerten Sandbank. Gegen 23 Uhr kommen sie zurück. Bevor wir uns in unsere Schlafsäcke zurückziehen sehen wir noch gespannt den Nordlichtern über dem Dorf zu.

Nach dem Frühstück gehen wir gemeinsam ins Dorf. Shopping ist angesagt. Der Liquoer Shop ist vom Feinsten. Hier gibt es alles was das Herz begehrt und die Leber nicht mag. Wir kaufen einige Dosen Bier und eine kleine Flasche Whiskey. Daß sie zu klein war stellte sich natürlich erst später heraus. Weiter geht’s es zum Faro Hardware Store. Hier wollten wir unseren Proviant aufstocken. Aber da habe ich wohl zuhause in meinem Kühlschrank eine größere Auswahl. Die haben nicht einmal Marmelade. Wenigstens haben sie Cola und Pringles. Offensichtlich kaufen alle Bewohner ihre Vorräte für das ganze Jahr in Whitehorse. Den Rest holen sie sich aus der Wildnis. Nur gut das wir ausreichend Travellunch dabei haben. Sonst würde es jetzt Probleme geben. Nach einer Brotzeit mit Bier verlassen wir gegen halb drei unser Lager. Es ist fast windstill und die Sonne scheint. Wir lassen uns 30 Kilometer nur treiben. Bei Rose Location erkunden wir einige zerfallene Blockhütten sowie die nähere Umgebung. Gegen 19 Uhr errichten wir unser 11. Camp am Fuße der Rose Mountain’s. Zum Abschluß dieses Tages gibt Roland einen Whiskey aus.

Ein weiterer schöner Tag erwartet uns. Wieder lassen wir uns stundenlang treiben. Der Fluß wird breiter. Dadurch können wir viel mehr von dieser schönen Landschaft sehen. Am Ross mußten wir für solche Einblicke auf Hügel am Fluß klettern. Hier wird einem auch so bewußt daß wir uns mitten in unberührter Natur befinden. Wir reden auch nicht viel. Nicht etwa weil wir uns nichts zu sagen haben. Sondern eher aus dem Grund daß wir die Geräusche der Natur besser aufnehmen können. Außerdem hat man so natürlich eine größere Chance auf Begegnungen mit den scheuen Bewohnern dieser Landschaft. Wenn man ständig quasselt braucht man sich nicht zu wundern daß man keine oder nur wenige Tiere sieht. Den Beweiß für das richtige Verhalten bekommen wir jetzt immer öfter. Am Ufer spielt ein Fischotter. Etwas weiter hören wir ein knacken im Unterholz. Sofort legen wir am Ufer an. Wir warten in den Kanus. Immer wieder können wir Geräusche wahrnehmen. Offensichtlich bewegt sich ein größeres Tier im Gehölz. Da wir es nicht zu Gesicht bekommen werde ich ungeduldig. Ich steige aus dem Kanu aus und versuche mich heranzupirschen. Da ich Barfuß unterwegs bin mache ich keinem verräterischen Geräusche. Als ich am Waldrand stehe macht mich Sepp darauf aufmerksam daß sich das Tier ungefähr 80m vor mir befindet. Es ist ein Schwarzbär. E kommt kurz auf die Sandbank, verschwindet aber gleich darauf wieder im Dickicht. Auf dem Sand laufe ich ihm hinterher. Als ich ihn wieder höre pirsche ich mich die letzten Meter an ihn heran. So 6 bis 8 Meter vor ihm weiß ich nicht genau was ich jetzt tun soll. Wilde Tiere soll man ja nicht erschrecken. Wer weiß schon wie sie darauf reagieren. Also entscheide ich mich für ein leises, vorsichtiges pfeifen. Meine Kamera ist Schußbereit. Als er mich hört schaut er mich Verdutz an. Sofort wendet er sich von mir ab und gibt in die entgegengesetzte Richtung gas. Unglaublich wie ängstlich diese Tiere doch sind. Wahrscheinlich sind hier doch ab und zu Jäger unterwegs. Auf meinen Fotos waren lediglich Sträucher und Blätter zu sehen. Dafür schaut kurze Zeit später ein weiterer Blacky freundlich in mein Kameraobjektiv. Am Anvil Creek versucht Rolli sein Anglerglück während ich frische Wolfsspuren bis zu den verfallenen Blockhütten verfolge. Gott sei Dank fängt er einen kleinen Hecht. Sein Abend ist gerettet. Auf einer Insel gegenüber der Hütten errichten wir unser Lager. Bei einem Becher Whiskey beschließen Rolli und ich daß wir heute unterm Tarp schlafen werden.

Unser erstes Ziel heute sind die Fishhook Rappids. Wir sichern alles im Kanu und ziehen unsere Schwimmwesten an. Jedoch sind die Rappids bei diesem Wasserstand nicht sehr schwierig. Wie so oft müssen wir nur auf große Steine im Fluß achten. An den Big Fishook Rappids machen wir halt und klettern auf den Hügel darüber. Von hier oben haben wir einen tollen Ausblick auf die Umgebung. Hier sind wir definitiv alleine. Leider kommt eine Regenfront auf uns zu. Später sehen wir wieder einen Schwarzbären. Um diese Jahreszeit haben sie schon einiges an Gewicht zugelegt. Aus der Nähe sehen sie wie große Teddys aus. Einfach zum kuscheln. Leider reagieren sie extrem auf Geräusche. Kaum hören sie etwas gehen die ab wie die Feuerwehr. Der Himmel ist jetzt grau in grau. Dazu weht ein kalter Wind. Unser Lagerplatz am Little Sheep Creek ist sehr schön. Besonders Roland kommt auf seine Kosten. Schwimmen doch tatsächlich einige Äschen vor unserer Haustür. Petri heil.

Der Wind wird deutlich kühler. Der nahe Winter macht sich bemerkbar. Am Vormittag paddeln wir jetzt lieber einige Kilometer damit es uns warm wird. Ich klettere wieder einmal einen Hügel rauf. Diese Ausblicke von da oben haben schon etwas Besonderes für mich. Unser nächstes Camp liegt sehr schön, etwas oberhalb vom Fluß im Wald. Gegen Abend taucht die Sonne die Landschaft in eine herrliche Stimmung. Da schmeckt ein Bier zum Sundowner besonders gut. Prost.

Wir bauen wie jeden Tag nach dem Frühstück unser Lager ab. Diesmal jedoch betätige ich mich als Landschaftsbauer. Renaturierung steht auf dem Programm. Unsere Vorgänger haben hier einfach zuviel Rumliegen lassen. Außerdem reicht ja eine kleine Feuerstelle vollkommen aus. Alle Spuren sind verwischt. Jetzt können wir mit gutem gewissen weiterfahren. Auf dem Pelly sind schon deutlich mehr unterwegs als auf dem Ross River. Leider denken nicht viel so wie wir. No Trace Camping ist für viele ein Fremdwort.

An geeigneter Stelle Pirsche ich mal wieder durch das Unterholz. Da sollte sich ein See befinden. Puh ist ganz schön anstrengend. Anschließend fahren wir mit den Kanus den Bach hoch. Dabei erreichen wir den See viel einfacher.  Am Tummel-River machen wir Pause. Am gegenüberliegenden Ufer sucht ein Blacky nach Nahrung. Unsere Kiesbank besteht teilweise aus sehr weichem Material. Echt toll wenn man bis zu den Knien darin versinkt. Dabei war der Filz in meinen Gummistiefeln gerade mal wieder trocken. Alleinreisenden könnten diese wie Treibsand ähnliche Stellen zum Verhängnis werden. Wir paddeln weiter. Bei 25 Grad warmen Wetter lassen wir uns natürlich wieder treiben. Schon zu dritten Mal können wir eine neue Abkürzung auf dem Pelly fahren. Wie schon bei den anderen Stellen zuvor hat sich der Fluß offensichtlich einen komplett neuen Weg durch die Landschaft gesucht. Der Flußlauf stimmt nicht mehr mit der Karte übereins. Was für Kräfte waren wohl hier im Frühjahr am Werk? Da auch dieser neue Abschnitt genauso breit ist wie der Hauptflußlauf nutzen wir ihn zu einer Abkürzung. Es ist schon später Nachmittag. Wir fahren genau gegen die tiefstehende Sonne. Eigentlich könnte ich meine Sonnenbrille aufsetzen. Rolland macht einige Fotos. Plötzlich hören wir das Geräusch von bewegtem Wasser. Upps Stromschnellen. Wir sind schon mitten in der Hauptströmung. Für etwas anderes als den Kurs zu halten ist es schon zu spät. Also Augen zu und durch. Yippie Ya Yeah! Es folgen 12 bis 15 etwa einen Meter hohe Wellen. Zum Glück sind keine Hindernisse im Weg. Mit jeder Welle füllt sich U61. Langsam wird es kritisch. Eine Welle noch und wir müssen schwimmen. Kurskorrekturen sind schon nicht mehr möglich. Vor dem Kanu befindet sich eine Sandbank. Also paddeln wir wie wild gerade darauf zu. Nur nicht von der Strömung in die nächsten Schnellen ziehen lassen. Wir schaffen es auf die Sandbank. Noch mal Glück gehabt? Wie man’s nimmt. Nachdem Roland kurz vorher noch fotografierte hatte er vergessen seinen Ortlieb zu verschließen, mit der Folge daß jetzt seine Ganzen Wertsachen naß sind.  In der nächsten Stunde trocknet er erstmal seine Sachen

Nicht immer ist der Kürzere Weg der Bessere. Natürlich hat es auch Spaß gemacht. 3 Tage später funktionierte auch seine Digitalkamera wieder. Über uns ziehen Kranichschwärme in wärmere Regionen. Nach 50 Km auf dem Fluß errichten wir erneut ein Lager. Ein weiterer schöner Tag ist fast vorbei.

Gegen 10 Uhr hört es auf zu regen. Langsam kriechen wir aus unserem  Zelt. Es weht ein kalter Wind. Zwar ist es tagsüber 25 Grad warm aber sobald die Sonne weg ist fällt die Temperatur auf 10 bis 15 Grad. Um 15 Uhr machen wir unsere Mittagspause. Unter großen Fichten sitzend werden wir nicht einmal naß als es zu regen beginnt. Es herrscht eine tolle Atmosphäre weil gleichzeitig die Sonne scheint. Zuerst hören wir ein Motorgeräusch später kommt uns ein Motorboot mit Einheimischen  entgegen. Wahrscheinlich sind es Jäger auf dem Weg zu ihrem Jagdlager, das wir weiter Stromaufwärts gesehen haben. Zum Aufwärmen paddeln wir jetzt öfters. Am rechten Ufer sehen wir einen Hirsch. Auf der linken Seite können wir einen Bären beim Trinken beobachten.

Gemütlich fahren wir um halb zwölf weiter. Wir freuen uns schon auf den Granit Canyon. Uns überholen zwei Motorboote. Wegen der Stromschnellen können sie natürlich nicht durch den Canyon fahren. Kurz vor dem Canyon befindet sich eine Bootsrampe. Über eine Gravelroad können sie hier von Pelly Crossing hochfahren. Im Canyon ist der Fluß ziemlich breit. Durch den niedrigen Wasserstand haben wir keine Probleme bei der Durchfahrt. Kurz nach dem Canyon mündet der Needle Creek in den Pelly River. Dort befindet sich eine kleine Blockhütte. Es wird unser vorletztes Lager sein. Nach Kaffee und Kuchen geht es zur Körperpflege in den eiskalten Bach. Diese dauert dementsprechend nicht lange. Wir bekommen Besuch von einer Gruppe Landsmännern. Sie kommen vom MacMillian River. Nach einem kurzen Gespräch fahren sie weiter. Gerne hätten auch sie diesen Platz genutzt.

Für die Gruppe ist es natürlich schade. Wenn ein Platz jedoch besetzt ist, sucht sich man sich einen anderen. Groß genug ist dieses Land ja.

Heute habe ich Durchfall und mir ist schwindelig. Super. Kommt wohl vom Trinkwasser. Eigentlich hätten ich bzw. wir das vermeiden können. Tabletten und Filter zum Reinigen des Wassers hätten wir dabei gehabt aber nicht benutzt. Dadurch haben wir drei uns mit dem Giardia Erreger infiziert. Die Krankheit wird Biberfieber genannt. Der Name kommt daher daß der Erreger sich im Kot von Bibern befindet. Durch ihre Ausscheidung gelangt er ins Wasser. Vermutlich haben wir das Wasser nicht lange genug abgekocht. Roland ist der Einzige bei dem die Krankheit Symptomlos war. Zu Hause mußten wir alle Medikamente einnehmen um die Krankheit wieder los zu werden. Nach 4 Wochen waren wir alle wieder Frei von Giardia. Ein Souvenir auf das ich gerne verzichtet hätte. Dummheit muß aber bestraft werden.

Nach einer kalten, Sternen klaren Nacht unterm Tarp wecken mich die ersten warmen Sonnenstrahlen. Die Jungs haben schon Kaffe gemacht. Es hat doch Vorteile wenn man Langschläfer ist. Wir unternehmen eine zweistündige Wanderung. Unser geplantes Ziel, ein See, ist leider zu weit weg. Nach einem Kaffee brechen wir auf. Wir lassen uns treiben. Dabei sehen wir noch einmal einen Schwarzbären der zum Trinken an den Fluß kommt. Gegen 19 Uhr erreichen wir Pelly Crossing. Das Ende unserer Flußfahrt. Direkt nach der Brücke befindet sich ein offizieller Campground. Hier schlagen wir unser letztes Lager auf. Nach dem Essen telefoniere ich noch einmal nach Hause. Im Zelt stelle ich unsere Daten zusammen. Am Ross River haben wir 8 Lager am Pelly River 10 errichtet. Insgesamt haben wir 635 Flußkilometer zurückgelegt. Davon 270 auf dem Ross River sowie 365 auf dem Pelly River.

Eine Kanufahrt auf dem beiden Flüßen ist ein schönes Abenteuer. Auf die erhältlichen Flußführer sowie Flußkarten sollte man sich auf keinen Fall verlassen. Sie dienen lediglich zur groben Orientierung. Der Fluß lebt und verändert sich ständig. Wenn man das jedoch beachtet und sich entsprechend Vorbereitet ist diese Tour für jeden der daran Interesse hat machbar. Natürlich kann man die Tour auch mit einem Guide unternehmen.

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